BHI veröffentlicht vollständigen Covid-19-Bericht zu Gesamteuropa und fordert neues Wirtschaftsmodell

Die BHI hat ihren Bericht zur Region Gesamteuropa vorgelegt. Der Bericht bietet einen umfassenden Überblick über die Lage in der Region, die Herausforderungen bzw. Probleme, mit denen Gewerkschaften und Arbeitnehmer ganz allgemein konfrontiert sind, und beschreibt verschiedene Initiativen, die von Mitgliedsverbänden entwickelt wurden, um auf die neuen Realitäten zu reagieren und sich anzupassen, ebenso wie strategische Vorschläge, etwa die Vorstellung eines neuen Wirtschaftsmodells, das zur „neuen Normalität“ in der Arbeitswelt passt.

Der Bericht legt dar, dass die meisten Länder Ausgangsbeschränkungen in unterschiedlichem Umfang angeordnet haben, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen, doch die meisten der Arbeitnehmer in den Branchen der BHI konnten die Möglichkeit des Homeoffice nicht nutzen und ihnen waren die Abstandsregeln keine Hilfe. Die Maßnahmen erwiesen sich als schwer umsetzbar, so der Bericht.  

Die BHI stellt zudem in ihrem Bericht die Lage der Wanderarbeiter heraus, die eine der am härtesten von der Pandemie getroffenen Gruppen ausmachen. Wanderarbeitnehmer machen einen großen Teil der Arbeitskräfte aus; sie leben oftmals in minderwertigen Unterbringungen und haben prekäre Verträge, nach denen sie scheinselbstständig oder für eine Briefkastenfirma tätig sind.  


Die BHI-Mitgliedsverbände in der Region reagierten mit einer Bandbreite an Initiativen, um die Arbeitnehmer vor der Krise zu schützen. Sie forderten insbesondere einen Schutz von Löhnen und Arbeitsplätzen, um zu verhindern, dass die Beschäftigten unbezahlte Abwesenheitstage nehmen müssen oder entlassen werden. Außerdem positionierten sie sich in ihren Rollen beim Krisenmanagement gegenüber Arbeitgebern und Regierungen.  


Die Gewerkschaften betrieben zudem Lobbyarbeit für Arbeitsschutz, damit die strikte Einhaltung des Abstandsgebots gewährleistet ist, Arbeitsstätten regelmäßig desinfiziert werden, vollständige persönliche Schutzausrüstung verfügbar ist und die Arbeitszeiten verändert werden. Auch auf Zugang zu Krankenversicherung und Leistungen im Krankheitsfall wurde gedrängt. In Finnland werden sowohl Angestellten als auch Selbstständigen im Fall einer Erkrankung an Covid-19 (oder wenn der Arzt eine Selbstisolation anordnet) Leistungen für den Krankheitsfall ausbezahlt, und zwar für den vollständigen Einkommensverlust, ohne Wartezeit. In Israel sind Arbeitgeber verpflichtet, ab dem 4. Mai eine Krankenversicherung für Bauarbeiter aus Palästina einzurichten, da diese nun aufgrund der Corona-Beschränkungen längere Zeit in Israel bleiben müssen.


Auf der taktischen Ebene haben Gewerkschaften neue Maßnahmen bei den staatlichen Konjunkturprogrammen gefordert, so dass diese vom Schutz der Arbeitsplätze abhängig gemacht werden. Die Unterstützung großer Unternehmen von Seiten der Regierung durch Steuern sollte außerdem davon abhängig sein, dass die Bilanz der Firmen bei nachhaltiger Entwicklung sich nachweisbar verbessert hat, und zwar so, dass es positive Folgen für die Arbeitnehmer, die Umwelt und die Realwirtschaft hat.  


Auf der strategischen Ebene vertreten Gewerkschaften die Position, dass in einer Arbeitswelt der „neuen Normalität“ nichts geringeres als ein neues Wirtschaftsmodell notwendig ist. Die Gewerkschaften sagten, dieser neue wirtschaftliche Rahmen muss resilienter sein, besseren Schutz bieten, integrieren und auf den Übergang zu einem „Green Deal für Europa“ und einer klimaneutralen Wirtschaft ausgerichtet sein.