Gerechter Strukturwandel für sauberes Bauen

*Gemeinsame Stellungnahme von BHI und C40 zum gerechten Strukturwandel für eine saubere Bauindustrie


In der Präambel des Übereinkommens von Paris bestätigen die Vertragsparteien, dass sie „die zwingende Notwendigkeit eines gerechten Strukturwandels für die arbeitende Bevölkerung und [die] Schaffung menschenwürdiger Arbeit und hochwertiger Arbeitsplätze“ berücksichtigen müssen. Es ist eine radikale Transformation der Bauindustrie erforderlich, um einen gerechten Strukturwandel hin zu einer „grünen“ und gerechten Wirtschaft zu gewährleisten, in der neue Arbeitsplätze und Chancen für die am stärksten betroffenen Arbeitnehmer und Gemeinschaften beim Übergang zur Klimaneutralität entstehen.


Gegenwärtig machen ingenieurstechnische Industrien und Bauwirtschaft etwa 6 % des globalen BIP aus, sind für 23 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich und verbrauchen zwischen einem Drittel und der Hälfte der weltweit geförderten Ressourcen. Die Bauindustrie bedeutet für ihre Beschäftigten oft Gefahren und Unsicherheit: prekäre Beschäftigung, mehrere Ebenen der Fremdvergabe und Ausbeutung hindern sie daran, sich zu organisieren und ihre Rechte zu verteidigen. In einer Welt, die sich sehr schnell erwärmt, verschlimmern sich ihre Arbeitsbedingungen nur noch weiter, daher müssen wir das Ziel von 1,5 Grad Erwärmung schaffen und die Emissionen bis 2030 um die Hälfte reduzieren.


Die BHI und die C40 verfolgen gemeinsame Bestrebungen mit dem Ziel eines Strukturwandels hin zu einer sauberen Bauwirtschaft, um auf diese Problematik zu reagieren; dies steht im Einklang mit der Verpflichtung von Städten und Gewerkschaften zu einem gerechten Strukturwandel, die 100 Tage vor der COP26 unter dem Titel „Cities and Unions Call to Action: Climate Decade for Good Quality Jobs“ (Handlungsaufforderung der Städte und Gewerkschaften: ein Klimajahrzehnt für Arbeitsplätze von guter Qualität) veröffentlicht worden war. ’. 


Unsere gemeinsame Vision sieht eine regenerative, resiliente, inklusive und gerechte Bauindustrie vor, in der niemand sich selbst überlassen wird und es jedem gut gehen kann, auch denjenigen, die am stärksten vom Strukturwandel zu Klimaneutralität betroffen sind, ebenso wie marginalisierte Gruppen wie Menschen mit niedrigem Einkommen, Frauen, People of Colour, indigene Gruppen oder Migranten. Zusammen fordern wir einen Strukturwandel, der auf Arbeitsplatzverluste reagiert, allen Arbeitnehmern eine Beschäftigung von guter Qualität bietet und ein blühendes, gerechtes Umfeld für alle schafft.


Zwischen Umwelt und Arbeitsplätzen besteht kein Dilemma. Unseren Planeten zu schützen bedeutet, die Arbeitnehmer und ihr Umfeld zu schützen. Wenn ein gerechter Strukturwandel die Klimakrise bekämpft und menschenwürdige Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer bietet, dann wird dies zu einer „grünen“ und gerechten wirtschaftlichen Erholung führen. Werden die sich überschneidenden Probleme der Ungleichheit und der Klimakrise nicht heute angegangen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der soziale Verfall in den Städten und Gemeinden morgen Probleme verursacht, die langfristige Auswirkungen auf die Menschen, die Gesellschaften und die Wirtschaft haben werden.


Ein gerechter Strukturwandel hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Bauindustrie heißt:


1. Der soziale Dialog zwischen Regierungen, Arbeitgebern und Arbeitnehmerorganisationen stellt die Basis dar, damit Hindernisse überwunden, Chancen realisiert, Potenzial freigesetzt und Innovationen umgesetzt werden.


2. Es werden Umschulungen, die Entwicklung „grüner“ Kompetenzen und Beschäftigungsförderungsprogramme angeboten, die für alle Arbeitnehmer gleichermaßen zugänglich sind. 


● Studien zeigen, dass Investitionen in die Renovierung und Modernisierung von Gebäuden, in umweltorientierte Infrastrukturprojekte und in Wohnraum sowie Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge bis 2030 bis zu 100 Millionen Arbeitsplätze schaffen können. Dies hängt jedoch von Investitionen in die Kompetenzerweiterung ab, da es in den meisten großen und aufstrebenden Volkswirtschaften einen Mangel an „grünem“ Fachwissen und Fähigkeiten gibt.


● Mehr als 80 % der Arbeitskräfte von morgen zählen bereits jetzt zur arbeitenden Bevölkerung. Wir brauchen gezielte Bemühungen, damit mehr grüne und menschenwürdige Arbeitsplätze in der Baubranche zugänglich sind, besonders für Arbeitnehmerinnen und junge Beschäftigte, wie eine Untersuchung der C40 zeigt („Creating local green jobs: the United States and Italy“).


3. Sozialschutz wird als ein Menschenrecht vorausgesetzt und ermöglicht.


● Der Sozialschutz muss im Herzen eines jeden gerechten Strukturwandels stehen und von Arbeitgebern, nationalen Regierungen und Städten, in denen es die entsprechenden Kräfte gibt, umgesetzt werden. Ein nachhaltiges, umfassendes Sozialschutzsystem, das auch auf unvorhergesehene Situationen reagieren kann, ist von grundlegender Bedeutung für die Bauschaffenden, ihre Familien und ihr Umfeld, weil es klimabedingte Folgen auffangen und gegen den Druck wirken kann, der vom Klimawandel auf soziale Risiken entsteht. Es würde außerdem dazu beitragen, Klimaresilienz aufzubauen und die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu erleichtern.


4. Es sind makro-ökonomische, industrie- und branchenspezifische Maßnahmen enthalten, um Nachhaltigkeit und Innovation bei Unternehmen zu unterstützen und grüne Arbeitsplätze zu schaffen. .


● Die Maßnahmen für den Wiederaufschwung erfordern signifikante Investitionen in Infrastruktur. Dadurch kann eine Dynamik entstehen, die den Wandel und die Transformation in der Branche bringt, die wir brauchen; aber nur, wenn das Maßnahmenpaket eine Bauwirtschaft plant und umsetzt, die umweltorientiert und sozial gerecht ist.

● Wenn wir jetzt nicht handeln, so werden die Arbeitsstunden Prognosen zufolge weltweit bis 2030 um insgesamt 2,2 % sinken, alleine aufgrund von Hitzebelastung, was 80 Millionen FTE entspricht, von denen 15,2 Millionen in der Bauindustrie verloren gehen sollen. Vor diesem Hintergrund müssen wir unsere Kräfte bündeln, um Arbeitsplätze zu schaffen, die gerecht verteilt, umweltorientiert, inklusiv, sicher und menschenwürdig sind.


5. Soziale Gerechtigkeit und Werte werden gefördert, während gleichzeitig die Ziele der Armutsbekämpfung und sozialen Inklusion verfolgt werden. .


Der Strukturwandel hin zu einer sauberen Bauwirtschaft muss gerecht, inklusiv, resilient und regenerativ sein. Zusammen können wir spürbare Verbesserungen beim Kampf gegen den Klimawandel voranbringen und gleichzeitig die Gesundheit, das Wohlergehen und die wirtschaftlichen Chancen der Städtebewohner verbessern.


Vor uns liegt eine Chance, die in dieser Generation nur einmal vorkommen wird: Wir können den Erwerb von „grünen“ Kompetenzen, Umschulungen, Beschäftigungsförderungsprogramme und Zugang zu umfassendem Sozialschutz für die Bauschaffenden ermöglichen, indem Städte, Branchen und Gewerkschaften zusammenarbeiten.