Brasilien verlässt UN-Migrationspakt

19 February 2019 22:03

„Einwanderer, die zusammenstehen, sind unbesiegbar!“ – Slogan auf einem Spruchband beim Protestmarsch der Immigranten 2012 in Brasilien.

Eine der ersten Maßnahmen des neuen brasilianischen Staatspräsidenten Jair Bolsonaro nach seiner Amtsübernahme war der Austritt aus dem Globalen Pakt für sichere, reguläre und geordnete Migration der Vereinten Nationen (GCM), der am 10. Dezember 2018 von 164 Ländern im marokkanischen Marrakesch verabschiedet worden war.

Der UN-Migrationspakt ist das erste Abkommen der Vereinten Nationen, das Leitlinien für die internationale Zusammenarbeit im Kontext der weltweiten Migration festgelegt hat. So ist in seiner Präambel festgehalten, dass der Pakt „das gemeinsame Verständnis, die gemeinsame Verantwortung und den gemeinsamen Zweck“ der Unterzeichneten Staaten in Bezug auf Migration darlegt. Der Globale Migrationspakt beruht auf den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, der Universellen Erklärung der Menschenrechte, internationalen Verträgen und Vereinbarungen, sowie den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation zur Förderung menschenwürdiger Arbeit und Arbeitsmigration (Präambel, Abs. 2). Zudem bekräftigt er die New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten aus dem Jahr 2016 und stützt sich auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Allerdings ist der UN-Migrationspakt nicht verbindlich und stellt somit keine Verpflichtung für die Unterzeichnerstaaten dar. Darüber hinaus billigt er jedem Staat ein souveränes Handeln im Umgang mit der Migrationsthematik zu.

Am 9. Januar 2019 informierte das brasilianische Außenministerium die Vereinten Nationen über den Austritt des Landes aus dem Migrationspakt. Diese Nachricht kam nicht überraschend, da der derzeitige Außenminister Ernesto Araújo zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Paktes durch die vorherige Regierung über Twitter mitteilte, dass „der Pakt als unzulängliches Instrument zur Lösung der Migrationsproblematik“ einzustufen sei. Darüber hinaus erklärte er, dass „die Thematik nicht auf internationaler Ebene“ behandelt werden müsse, sondern „in Übereinstimmung mit der Realität und Souveränität eines jeden einzelnen Landes“ zu bewerten sei. Darüber hinaus wurde zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Unterzeichnung bereits davon ausgegangen, dass die neue Regierung Brasiliens ihre Außenpolitik stärker an den Vereinigten Staaten orientieren würde, die den Migrationspakt ablehnen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Brasilien über keinen hohen Anteil an Migranten verfügt. Trotz der beiden Migrationswellen aus Haiti und zuletzt aus Venezuela leben heute mehr Brasilianer im Ausland als Einwanderer in Brasilien. Nach Angaben der brasilianischen Bundespolizei leben derzeit 750.000 Ausländer (0,4% der Bevölkerung) in Brasilien, während drei Millionen Brasilianer außerhalb ihres eigenen Landes leben.

Gelson Santana, Präsident der Gewerkschaft der Arbeitnehmer in der zivilen Bauindustrie von Porto Alegre und Mitglied der BHI-Arbeitsgruppe zum Thema Migration beschreibt in einem in der Zeitung Jornal de Comércio veröffentlichten Artikel die Haltung der brasilianischen Regierung als gefährlichen Rückschlag für die Gewährleistung der Rechte von Migranten in Brasilien.