Das bosnische Unternehmen UMEL Dalekovodmontaza d.o.o. Tuzla entsandte 22 Monteure für den Bau von Hochspannungsleitungen in die norwegische Provinz Rogaland, wo sie an einem Bauprojekt für Überlandleitungen mitwirken sollten. So unterzeichneten die Mitarbeiter des bosnischen Unternehmens Arbeitsverträge mit dem Partnerunternehmen Valard Zagreb, die im Einklang mit der norwegischen Arbeitsgesetzgebung standen.”
Anfang September 2017 stellte das sich im Staatsbesitz befindliche norwegische Energieunternehmen Statnett fest, dass die bosnischen Arbeitnehmer gleichzeitig Verträge mit der bosnischen UMEL Dalekovodmontaza d.o.o. Tuzla unterzeichnet hatten. Diese Verträge verpflichteten sie dazu, 50% ihrer in Norwegen verdienten Löhne auf das Unternehmenskonto in Bosnien zu überweisen.
Für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wären, wären sie zur Zahlung einer Strafgebühr in Höhe von 20.000 BAM (ca. 10.225 Euro) an den Arbeitgeber verpflichtet gewesen. Darüber hinaus hätten sich aus dem Vertrag weitere Sanktionen ergeben, die von der norwegische BHI-Mitgliedsorganisation EL og IT Forbundet als Bestandteile von „Sklavenverträgen“ bewertet wurden. Zudem mussten sich die Arbeitgeber in den Verträgen dazu zu verpflichten, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum der kommenden fünf Jahre nicht für einen anderen Arbeitgeber aus dem Sektor zu arbeiten.
Die bosnischen Arbeitnehmer waren also auf der einen Seite harten Arbeitsbedingungen ausgesetzt, da sie ihre Arbeit in den norwegischen Bergregionen häufig unter widrigen Wetterverhältnissen und in großen Höhen verrichten mussten. Anderseits hatten sie einen großen Anteil des hart verdienten und ihnen zustehenden Lohns an das Unternehmen in Bosnien-Herzegowina abzutreten.
Infolge der ausführlichen Medienberichterstattung in Norwegen wie auch in Bosnien-Herzegowina über den Fall, kündigte die Geschäftsleitung des bosnischen Unternehmens an, die Arbeitsverträge aufzuheben. So teilte es den Arbeitnehmern mit, dass es ohne die 50% ihrer in Norwegen verdienten Löhne allerdings nicht in der Lage sei, ihr Arbeitsverhältnis in Bosnien-Herzegowina aufrecht zu erhalten. Die norwegische Gewerkschaft der im Energiesektor Beschäftigten EL og IT Forbundet setzte sich unmittelbar mit dem Unternehmen Statnett, dem Kunden des Projekts, in Verbindung, um eine Lösung für den Schutz der Rechte der bosnischen Arbeitnehmer zu finden.
Nachdem Statnett sich mit dem norwegischen Unternehmen Valard, dem Bauherrn des Projekts in der Provinz Rogaland, in Verbindung gesetzt und es über die Situation der bosnischen Arbeitnehmer informiert hatte, kam innerhalb weniger Tage eine Lösung zustande. So erhielten die Arbeitnehmer aus Bosnien einen neuen und unbefristeten Vertrag mit Valard Norwegen. Darüber hinaus wurde ihnen der Betrag erstattet, denen sie über Monate an UMEL Dalekovodmontaza d.o.o. Tuzla Bosnien-Herzegowina überweisen mussten. Über den neu geschlossenen Arbeitsvertrag wurde den bosnischen Arbeitnehmern auch rechtliche Unterstützung zugesichert, falls diese für die Auflösung des Vertrages mit dem bosnischen Unternehmen benötigt würde.
“Dies ist eine faire Lösung. Wir sind hocherfreut darüber, dass die Arbeitnehmer nun erhalten, was ihnen zusteht. Wir finden es sehr lobenswert, dass das Unternehmen Statnett konsequent und resolut gehandelt hat, nachdem es von den sklavenartigen Verträgen der bosnischen Arbeitnehmer erfahren hatte,“ erklärt Jan Olav Andersen, Generalsekretär der norwegischen BHI-Mitgliedsorganisation EL og IT Forbundet.
Den neuesten Informationen zufolge, gelang es den bosnischen Arbeitnehmern nun endlich, das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen in Bosnien-Herzegowina aufzulösen.
Am 28. September 2017 besuchte eine Delegation von EL og IT Forbundet gemeinsam mit Vertretern des BHI-Hauptsitzes die bosnischen Arbeitnehmer in einer Unterkunft für Mitarbeiter von Statnett in der Nähe der Stadt Lysebotn in der Provinz Rogaland. Hier trafen sie die Mehrzahl der bosnischen Arbeitnehmer an. Die Delegation wurde herzlich empfangen. Die meistens noch sehr jungen Arbeitnehmer brachten ihre Erleichterung zum Ausdruck und waren sehr erfreut über ihren neuen Beschäftigungsstatus.
Darüber hinaus teilten sämtliche Arbeitnehmer mit, der Gewerkschaft EL og IT Forbundet beitreten zu wollen und unterzeichneten noch während des Treffens die Aufnahmeanträge.
Nur durch die Organisierung der Arbeitnehmer, die in hohem Maße ausgebeutet wurden und aufgrund der auf internationaler Ebene zwischen Gewerkschaften bestehenden Solidarität konnte dieser inakzeptablen Situation ein Ende gesetzt werden,“ so Jan Olav Andersen.
Die Arbeitnehmer sind der Gewerkschaft für die Unterstützung und ihr führendes Engagement im Kampf um ihre Rechte sehr dankbar. Ihnen ist klargeworden, dass der erzielte Erfolg nur auf ihr gemeinsames Handeln und den Einsatz der Gewerkschaft zurückzuführen ist.
"Die norwegische Gewerkschaft EL og IT Forbundet hofft, dass die bosnischen Arbeitnehmer, die der gewerkschaftlichen Organisierung im norwegischen Bauunternehmen Valard erheblichen Anschub verliehen haben, in der Zukunft ein Tarifabkommen abschließen werden.
„Durch ein Tarifabkommen würden die Arbeitnehmerrechte noch weiter gestärkt“, unterstrich Jan Olav Andersen.
Als nächsten Schritt wird die BHI gemeinsam mit ihrer norwegischen Mitgliedsorganisation Kontakt mit den zuständigen Behörden in Bosnien-Herzegowina aufnehmen, um sie über den Fall in Kenntnis zu setzen und eine Untersuchung der Vorgehensweise in dem bosnischen UnternehmenUMEL Dalekovodmontaza d.o.o. Tuzla zu fordern.
Insbesondere ist es dringend erforderlich, die Bestimmungen für im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer zu verbessern. Nur so kann der Ausbeutung von entsandten Arbeitnehmern und Arbeitsmigranten Einhalt geboten werden. Die BHI wird sich weiterhin für die Vernetzung von Arbeitnehmern mit den Gewerkschaften in Europa sowie weltweit einsetzen.
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