Dem L-20-Gewerkschaftsgipfel, dem derzeit Gerardo Martínez, Generalsekretär der argentinischen Bauarbeitergewerkschaft UOCRA sowie der Sekretär für internationale Beziehungen des argentinischen Gewerkschaftsbundes CGT als Präsidenten vorstehen, wird nun die Richtlinien für seine Aktivitäten für den Zeitraum der argentinischen Präsidentschaft festlegen, die am 1. Dezember 2017 begonnen hat.
Worin besteht der Beitrag der G-20 zu einer globalen OrdnungspolitikWhat is the contribution of the G-20 to the global governance?
Die G-20 ist ein seit 1999 bestehender internationaler Zusammenschluss, der als Plattform für die internationale wirtschaftliche und finanzielle Koordination der weltweit führenden Volkswirtschaften dient. Sie setzt sich für eine ausgewogene Interessensvertretung der Industrienationen der G-7 sowie wichtiger Schwellen- und Entwicklungsländer ein. Als Folge der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 und der daraus resultierenden Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen in den einzelnen Ländern, gewann die Auseinandersetzung mit politischen und sozialen Problemen von globalem Ausmaß immer mehr an Bedeutung.
Worin besteht die Besonderheit der G-20 im Vergleich zu anderen internationalen Foren und Organisationen?
In der G-20 wird im Rahmen verschiedener Arbeitsgruppen und Ministerkonferenzen daran gearbeitet, die wichtigsten Punkte der Agenda anzugehen. Diese Foren ermöglichen es, dass zu einer Vielzahl verschiedener Themen politische Strategien und Aktionen diskutiert und koordiniert werden können. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklungsgruppe der Vereinten Nationen (UNDG), deren Hauptziel in der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung besteht, oder die Arbeitsgruppe, die sich mit Beschäftigungsbelangen auseinandersetzt. Sie erarbeitet Methoden, wie Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können und entwickelt Strategien zur Verbesserung des Gemeinwohls. Darüber hinaus gibt es Arbeitsgruppen, die sich mit Umweltschutzbelangen und der Förderung erneuerbarer Energien befassen.
Die dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) angehörenden Arbeitnehmer bilden den sogenannten L-20-Gewerkschaftsgipfel (Labor-20), der sich aus Gewerkschaftsvertretern der Mitgliedsländer zusammensetzt. Wir nehmen auf sämtlichen Ebenen der Debatte mit beratender Stimme teil.
Die G-20 gilt mit ihrem modernen und dynamischen Ansatz als ein privilegiertes Forum, das globalen Herausforderungen über eine effizientere politische Zusammenarbeit sowie durch Förderung konkreter Aktionen begegnet, die Einfluss auf die Mitgliedsstaaten und andere Beteiligte auf internationaler Ebene haben. Das Land, das die Präsidentschaft innehat und die Treffen ausrichtet, kann Anstöße geben und die zentralen Themen im Konsens mit den Mitgliedsstaaten vorantreiben.
Welche Position werden die Gewerkschaften im Rahmen der L-20-Treffen im Verlauf des Jahres 2018 vertreten?
Die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 brachte die sozialen Konsequenzen für die Gesellschaften in den einzelnen Ländern ans Tageslicht, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im Hinblick auf die Beschäftigung, mit sich bringen.
Es ist klar, dass neben dem Frieden die Themen Armut und Ungleichheit in unseren Gesellschaften zentral sind. Die einzige Herangehensweise, mit denen diese Problemfelder wirklich angegangen werden können, gehen ausschließlich über Schul- und Ausbildung, menschenwürdige Beschäftigung (qualitative Beschäftigung) und sozialen Schutz.
Nach wie vor sind als Konsequenzen der Krise ein Beschäftigungsdefizit und mangelnde menschenwürdige Beschäftigungsmöglichkeiten zu beobachten. Diese Probleme werden nicht durch einen Abbau der Arbeitnehmerrechte behoben.
Internationale Organisationen teilten nicht die Ansicht, dass dieser Abbau mittel- bzw. langfristig zu mehr Beschäftigung führen würde. Daher haben sie sich gemeinsam dafür eingesetzt, auf diese Fehleinschätzung aufmerksam zu machen und Abhilfe zu schaffen. Ein Beleg für diese Bemühungen sind unter anderem die Fortschritte, die mittels der 2030 Milleniums-Entwicklungsziele (MDGs), dem Globalen Pakt für Beschäftigung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sowie der Erklärung der IOA über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung erzielt wurden. Die Stärkung der Kohärenz zwischen makroökonomischen und sozialpolitischen Strategien sowie die Förderung und Festigung des sozialen Dialogs werden weiterhin die Ansätze zur Lösung der Beschäftigungsprobleme darstellen. Die Situation nach der Krise zeigt, dass menschenwürdige Arbeit von zentraler Bedeutung ist. Ein Mangel an menschenwürdigen Arbeitsplätzen wirkt sich sowohl auf die Produktivität wie auch auf soziale Belange, wie beispielsweise den Wohnraum, aus. Er bremst die Nachfrage und führt zu Arbeitslosigkeit, prekärer Beschäftigung, Armut und Hunger.
Was sind Ihre Erwartungen im Hinblick auf den diesjährigen in Argentinien stattfindenden G-20-Gipfel?
Argentinien wurde als erstes lateinamerikanisches Land zur Übernahme der G-20-Präsidentschaft und zur Austragung des G-20-Gipfels gewählt. Diese Position übt das Land formell seit dem 1. Dezember 2017 sowie in einem Großteil des Jahres 2018 aus. Durch diese wichtige Funktion steht unser Land an vorderster Front, die Herausforderungen anzugehen, die sich bei der erforderlichen Koordinierung der wirtschaftlichen, handelspolitischen und beschäftigungsrelevanten Dimensionen ergeben. Dies bedeutet also die Herstellung einer Wechselbeziehung zwischen wirtschaftlichen und sozialen Belangen.
Ohne jeden Zweifel müssen wir weiter daran arbeiten, die enge Verbindung zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung mit menschenwürdiger Arbeit zu vertiefen. Dabei sollten wir bereits angestoßene Initiativen, wie beispielsweise die funktionelle Einkommensverteilung und die Ungleichheit, nicht außer Acht lassen.
Auf diese Weise rückt ein Thema ins Zentrum der Diskussion, bei dem es um Löhne und Einkommensverteilung geht und bei dem es sich um einen Bereich handelt, der sogar von Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie von der Weltbank als Hindernisse für eine nachhaltige Entwicklung definiert wurde.
Der Themenbereich Migranten und ihre Rechte, sowie ihre Integration in den Arbeitsmarkt wurde im Rahmen des letzten G-20-Gipfels in Deutschland intensiv diskutiert. Unsere Region könnte auch diesbezüglich ihren Beitrag leisten. Schlussendlich sollten wir uns weiter verstärkt für das Themenfeld der sozialen Sicherheit als zentrales Element und als Schutz vor Arbeitslosigkeit und Armut einsetzen. In diesem Kontext werden auf internationaler Ebene Erklärungen abgegeben und Aktionen durchgeführt. Aus diesen ergeben sich neue Herausforderungen, neue Themenbereiche und neue Konzepte, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Dazu gehören unter anderem die technologischen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. Diese Veränderungen werden sicherlich in die Agenda zur Zukunft der Beschäftigung einfließen.