3. Dezember 2017
Wir, die Mitglieder verschiedener globaler zivilgesellschaftlicher Organisationen, sind in Mexiko im Rahmen des vorbereitenden Treffens der Vereinten Nationen zur Schaffung eines Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (UN-Global Compact on Safe, Orderly and Regular Migration), zusammengekommen, um die Regierungen dringend dazu aufzurufen, sich mit der Thematik der afrikanischen Migranten zu befassen, die in Libyen unter sklavenartigen Bedingungen zu leben haben.
Wir begrüßen die unterschiedlichen Erklärungen seitens der Afrikanischen Union, dem UN-Generalsekretär Antonio Guterress, sowie von Menschenrechts- und Gewerkschaftsorganisationen im Anschluss an die erschütternden Berichte und Bilder des amerikanischen Fernsehsenders CNN über den menschenunwürdigen Umgang und den Handel mit afrikanischen Migranten in Libyen. Sie alle rufen zu einem unmittelbaren und konsequenten Handeln aufn.
Die Gewalt gegenüber den schutzlosen Migranten darf keinen Tag länger hingenommen werden. Die Medienberichte erinnern an Jahrhunderte zurückliegende barbarische Versklavungen von Menschen mit schwarzer Hautfarbe und lösen insbesondere bei Menschen mit afrikanischer Herkunft schmerzvolle Erinnerungen aus. Im Verlauf der Geschichte haben sich die Menschen immer wieder dazu verpflichtet, dass eine derartig unmenschliche Behandlung gegenüber in hohem Maße schutzlose Menschen „nie wieder“ geschehen dürfe. Dennoch sind wir im Jahr 2017 Zeugen von Live-Auktionen, in denen Menschen gehandelt werden und die grundlegenden Regeln der Menschlichkeit mit Füßen treten.
Kein menschliches Wesen darf einer derartigen Qual und Demütigung ausgesetzt werden. Der Aufschrei der Industrienationen der nördlichen Welthalbkugel, das so etwas „nie wieder“ geschehen darf, entbehrt jeglicher Aufrichtigkeit, wenn gleichzeitig politische Strategien ausgearbeitet werden, die eine institutionalisierte Gewalt gegen Afrikaner zulassen. Bei vielen der Migranten in Libyen handelt es sich um junge Frauen, die misshandelt und gequält werden, auch wenn dies in den Filmberichten nicht gezeigt wurde. Unabhängig davon, wer dafür verantwortlich ist oder welche Gründe dafür vorliegen – diese Vorgehensweisen sind unverzüglich einzustellen und entsprechende Untersuchungen sind einzuleiten.
Natürlich begrüßen wir es, wenn die Ereignisse in Libyen international Beachtung finden. Allerdings können wir nicht weiter mit ansehen, wie sie immer wieder sofort aus dem Fokus geraten. Daher ist eine aktive Verpflichtung zum Handeln sowie eine kontinuierliche Beobachtung der Ereignisse in diesem Zusammenhang unerlässlich.
Wir fordern ein rasches und angemessenes Handeln, damit der Situation Einhalt geboten werden kann. Darüber hinaus sprechen wir uns vehement gegen den „konkreten Militär- und Polizeieinsatz zur Rettung der Migranten“ aus, der von den Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, dem Tschad und Libyen im Rahmen des Gipfeltreffens der Afrikanischen und der Europäischen Union am 28. November in Côte d´Ivoire vorgeschlagen worden war. Militäraktionen stellen keine geeignete Maßnahme für humanitäre Krisen dar. Sie bekämpfen nicht die wahren Ursachen und tragen lediglich zur Verschärfung einer ohnehin bereits äußerst militarisierten Lage bei.
Die Politik der Europäischen Union war in den vergangenen zwei Jahren im Hinblick auf den Schutz der EU-Außengrenzen von einem äußerst restriktiven Ansatz geprägt, um den Zustrom von afrikanischen Migranten über das Mittelmeer aufzuhalten. Länder wie Italien, Deutschland und Frankreich haben in Niger und im Tschad sogenannte „Hotspots“ eingerichtet, um die Fälle potentieller Flüchtlinge direkt vor Ort abzuwickeln. Diese Aktionen widersprechen nicht nur internationalen Übereinkommen, sondern schränken auch die Bewegungsfreiheit der Migranten ein und treiben sie noch weiter in die Hände von Schleppern.
Libyen ist als Paradies für Schlepperbanden bekannt. Es hat sich zu einem Land entwickelt, das über eine schwache Regierung verfügt. Es bestehen keine rechtstaatlichen Verhältnisse und das Land befindet sich in einem kontinuierlichen Konflikt mit verschiedenen Bürgerkriegsfraktionen. Im vergangenen Jahr unterzeichnete die italienische Regierung ein geheimes Abkommen mit verschiedenen die Küsten des Landes bewachenden libyschen Stämme. Als Gegenleistung dafür erhielten diese Geldzahlungen in unbekannter Höhe. Die Aktionen der libyschen Milizen und der Menschenschlepper werden mit EU-Geldern fortgeführt und leisten so der aktuellen chaotischen Situation im Land weiter Vorschub.
Wir verurteilen die vom französischen Präsidenten Macron im Rahmen seines Staatsbesuchs in Burkina Faso in der vergangenen Woche gemachte Aussage aufs Schärfste. So erklärte er, dass die Afrikaner schließlich von Afrikanern versklavt würden. Die europäischen Länder tragen Verantwortung für politische Ansätze, die einen direkten Einfluss auf die aktuellen Ereignisse in Libyen haben. Eine solche Schuldzuschreibung erfüllt keinen Zweck, sondern führt zu einem falschen Verständnis der vorliegenden Hauptproblematik.
Schließlich möchten wir als Mitglieder der globalen Zivilgesellschaft unsere große Betroffenheit über die abscheuliche Gewalt zum Ausdruck bringen, der schwarze Migranten und andere Flüchtlinge in der Region ausgesetzt sind. Wir stehen auf der Seite des Friedens und der Gerechtigkeit, und sprechen uns vehement für die Würde und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens sowie den vollumfänglichen Schutz der Menschenrechte aus – unabhängig vom Status eines Menschen.
Wir fordern die Regierungen im Rahmen der in den kommenden Tagen stattfindenden Beratungen über den Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration dazu auf, Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen als wichtige Beteiligte in die Ausarbeitung von Krisenstrategien einzubinden. Als zivilgesellschaftliche Organisationen aus sämtlichen Regionen der Welt sind wir Migranten, Flüchtlinge, Diasporagemeinschaften, Akademiker, Vertreterinnen aus Frauenorganisationen, religiöse Organisationen und Gewerkschaften. Wir erfahren die Realitäten hautnah und kennen die Erfahrungen von Migranten. Aus diesem Grund können wir für die Erarbeitung fundierterer politischer Empfehlungen erhebliche Beiträge leisten.
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Anmerkung: Die Initiative für diese Erklärung ging vom Panafrikanischen Netzwerk für die Verteidigung der Rechte der Migranten (PANiDMR) aus und wurde von verschiedenen Organisationen, die an den
UN-geführten Verhandlungen im mexikanischen Puerto Vallarta teilnahmen.
Für weitere Informationen www.africamoves.org
Unterstützt durch
Africa United (South Africa
Africans Rising (Africa) (Global)
African Diaspora Network (AND) (US)
Allianza Americas (Americas)
Augustinians International (US) (Global)
Association of Deported Mallians (AME) (Mali)
Association Khamsa Solidaire ici et ailleurs (France)
Black Alliance for Just Immigration (BAJI) (US)
Building and Wood Workers’ International (BWI) (Global)
Center for Somen Studies and Intervention (Nigeria)
Comisión Argentina para Refugiados y Migrantes (CAREF)
Consortium of Refugees and Migrants in South Africa (CoRMSA)
Espace Médiation (#EsMed) (Morocco)
European Federation of Public Service Unions (EPSU)
Global Coalition on Migration (GCM) (Global)
Global Migration Policy Associates (GMPA) (Global)
International Union of Food, Agricultural, Hotel, Restaurant, Catering,
Tobacco and Allied Workers' Association (IUF) (Global)
Instituto para las Mujeres en la Migración AC (IMUMI) Mexico
International Trade Union Confederation (ITUC) (Global)
Migrant Forum Asia, Philippines
Migration & Development (MADE) Africa – West Africa
National Network for Immigrant & Refugee Rights (NNIRR) (US)
Plateforme Euromarocaine Migration Développement Citoyenneté Démocratie (Bruxelles-Belgique)
Priority Africa Network (PAN) (US)
Public Services International (PSI) (Global)
Réseau Marocain Transnational Migration Développement (#RMTMD) (Morocco)
RESPECT (Europe)
Solidarity Center (Global)
South African Women in Dialogue (SAWiD) (South Africa)
Trade Collective, South Africa
Transnational Migrants Platform (TMP) (Europe)
UNI Global Union (Global)
Women in Migration Network (WiMN) (Global)
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